Social Media und Recht: Was Unternehmen wissen müssen
Abmahnung wegen Wettbewerbsverstoß, Urheberrechts- oder Markenrechtsverletzung - Wie reagiere ich richtig
1. Abmahnung – wie reagiere ich richtig
Rechtsanwalt Marcus Beckmann
IHK Ostwestfalen zu Bielefeld, 17.09.2018
BECKMANN UND NORDA – RECHTSANWÄLTE
Welle 9 - 33602 Bielefeld
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3. Zweck einer Abmahnung
Eine Abmahnung dient der außergerichtlichen
Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs.
Wird ein Unterlassungsanspruch ohne vorherige Abmahnung
gerichtlich geltend gemacht, so muss der Kläger bei einem
sofortigen Anerkenntnis des Beklagten die Kosten tragen.
4. Rechtsverletzungen sind im Internetzeitalter
leicht recherchierbar
Automatisierte Erfassung und Beweissicherung
von Rechtsverletzungen
5. Unklare und unzweckmäßige gesetzliche Regelungen
Handwerkliche Fehler bei der Formulierung von Vorschriften
Häufige Gesetzesänderungen und neue Informationspflichten
7. "fliegender" Gerichtsstand“ =
bei Rechtsverletzungen im Internet ist jedes Gericht örtlich
zuständig, wo die Internetseite (bestimmungsgemäß)
aufgerufen werden kann
8. Ein Unternehmer muss sich immer selbst über rechtliche
Änderungen (Gesetzgebung und Rechtsprechung)
informieren
9. Ausgangslage
In der Praxis viele Fehler und Missverständnisse
Abmahnungen als Instrument aufgrund Rechtsmissbrauch
und Abzocke ins Gerede gekommen
Aber notwendig für Durchsetzung von
Unterlassungsansprüchen
10. Typische Rechtsverletzungen
Unzulässige Klauseln in AGB
Nicht- oder falsche Umsetzung von Informationspflichten
(z.B. Widerrufsbelehrung; Impressum)
Verletzung von Schutzrechten
(Urheberrechtsverletzungen, Markenrechtsverletzungen etc.)
Sonstige Wettbewerbsverstöße
(z.B. Spitzenstellungsbehauptung, Werbung mit
Selbstverständlichkeiten)
11. Wer ist zur Abmahnung berechtigt ?
- rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher
Interessen (Wirtschafts- und Fachverbände, Vereine zur
Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs)
- Verbraucherschutzvereine, sofern qualifizierte Einrichtungen
nach § 4 UKlaG und Verstoß gegen verbraucherschützende
Norm
- IHK´s und Handwerkskammern
Problem: Seriöse und unseriöse Abmahnvereine.
12. Wer ist zur Abmahnung berechtigt ?
Wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch bei
Wettbewerbsverstößen durch Mitbewerber
Mitbewerbereigenschaft wird von der h.M. weit verstanden
(z.B. auch vertikal Hersteller – Händler; auch grobe
Überschneidungen ausreichend)
Problem: Abmahnungen durch Scheinmitbewerber
13. Wer ist zur Abmahnung berechtigt ?
Bei Schutzrechtsverletzungen (Urheberrechte,
Markenrecht,Patentrecht etc.) ist Inhaber der Rechte zur
Geltendmachung berechtigt.
Bei eine Abmahnung sollte Rechteinhaberschaft geprüft
werden.
Abmahner muss im Abmahnstadium Inhaberschaft an
Rechten nicht vollständig darlegen und nachweisen.
14. Inhalt einer Abmahnung
- Sachverhaltsdarstellung und rechtlicher Vorwurf, so dass
Vorwurf überprüfbar ist
- Vorschlag strafbewehrte Unterlassungserklärung
(Hinweis, dass der Vorschlag nicht bindend ist)
- Frist für die Abgabe der Unterlassungserklärung: 5-10 Tage
(in Eilfällen auch kürzer)
- Androhung gerichtlicher Schritte
15. Im Abmahnschreiben im Regelfall enthalten
Aufforderung zur Auskunft und Rechnungslegung über
Verletzungshandlungen
Schadensersatz für bisherigen und zukünftigen Schaden
Übernahme der Kosten der Abmahnung
16. Inhalt einer Abmahnung
Sonderregelung im Urheberrecht § 97a Abs. 2 UrHG
Die Abmahnung muss in klarer und verständlicher Weise :
- Name oder Firma des Verletzten angeben
- die Rechtsverletzung genau zu bezeichnen,
- geltend gemachte Zahlungsansprüche als Schadensersatz-
und Aufwendungsersatzansprüche aufschlüsseln
- angeben inwieweit die vorgeschlagene
Unterlassungsverpflichtung über die abgemahnte
Rechtsverletzung hinausgeht.
Andernfalls ist Abmahnung unwirksam.
17. Abmahnung im Wettbewerbsrecht
Die Kosten der Abmahnung
Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten wenn
Unterlassungsanspruch besteht
Der Anspruch besteht auch dann, wenn der Abgemahnte den
rechtswidrigen Zustand sofort beseitigt.
Keine Kostenfreie Verwarnung vorab erforderlich
Streitfrage: Große Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung
18. Abmahnung im Wettbewerbsrecht
Die Kosten der Abmahnung
Keine Erstattung von eigenen Abmahnpauschalen, wenn Abmahnung
nicht durch einen Anwalt sondern von Urheberrechtsinhaber oder
Mitbewerber selbst ausgesprochen wird.
Ausnahmen: Abmahnvereine, die eine Pauschale verlangen dürfen
19. Abmahnung im Wettbewerbsrecht
Die Kosten der anwaltlichen Abmahnung
Erstattung von anwaltlichen Abmahnkosten
1,3 Geschäftsgebühr + 20 EURO Auslagenpauschale + nach Rspr. des
Bundesfinanzhofs USt.
Höhe der Gebühr richtet sich nach Streitwert
Häufiger Streitpunkt ist Bestimmung des Streitwerts
Streitwert des Unterlassungsanspruchs richtet sich nach Bewertung
des Unterlassungsanspruchs
Richtwerte der Gerichte - Rechtsprechung sehr uneinheitlich
20. Zugang der Abmahnung
Abmahnung nicht an Form gebunden
Abmahner muss Absendung aber nicht zwingend immer Zugang
der Abmahnung beweisen
Einzelheiten zum Zugang streitig
21. Vollmacht
Beifügung einer Vollmacht einer anwaltlichen Abmahnung nicht
erforderlich.
Empfänger kann die Vorlage der Vollmacht verlangen.
Dies berührt die Wirksamkeit der Abmahnung und der Fristsetzung
aber nicht
22. Abmahnungen und Rechtsmissbrauch
§ 8 Abs. 4 UWG
Eine Abmahnung ist rechtsmissbräuchlich, wenn sie unter
Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist,
insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den
Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von
Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen
zu lassen.
23. Abmahnungen und Rechtsmissbrauch
Immer eine Frage des Einzelfalls und Zusammenschau aller
Umstände
Rechtsprechung sehr uneinheitlich
Häufiger Fehler: Eine Serienabmahnung begründet allein
keinen Abmahnungsmissbrauch.
24. Indizien für Rechtsmissbrauch
- Vielzahl von Abmahnungen
- Missverhältnis von Kostenrisiko und Umsatz
- zu weite Formulierung der Unterlassungsverpflichtung
25. Indizien für Rechtsmissbrauch
- Überhöhter Streitwert / überhöhte Rechtsanwaltskosten
- Kein Verschulden für Vertragsstrafe
- zu hohe Vertragsstrafe
26. Indizien für Rechtsmissbrauch
- Verknüpfung von vorformulierter Unterlassungserklärung
und Anerkenntnis sonstiger Ansprüche in einer Erklärung
- Gleiche Fristen für Unterlassungserklärung und sonstige
Ansprüche
- Aufspaltung auf mehrere Abmahnungen
- gemeinsame Abmahnaktion durch mehrere Unternehmen
27. Unberechtigte Abmahnung
Eine unberechtigte Abmahnung aus Schutzrechten (z.b
Urheberrecht, Markenrecht) ist ein Eingriff in den eingerichteten
und ausgeübten Gewerbebetrieb. Folge: Schadensersatz (=
Erstattung der eigenen Anwaltskosten).
Nach herrschender Rspr. gilt dies nicht für wettbewerbsrechtliche
Abmahnungen.
Rechtsmissbräuchliche Abmahnung = Anspruch auf Erstattung
der eigenen Rechtsanwaltskosten
Daneben: Negative Feststellungsklage (= Feststellung dass
Unterlassungsansprüche nicht bestehen)
28. Bei berechtigter Abmahnung:
Zur Ausräumung Wiederholungsgefahr
für Unterlassungsanspruch
Abgabe strafbewehrte Unterlassungserklärung erforderlich =
Verpflichtung gerügtes Verhalte zukünftig zu unterlassen und
bei jedem Verstoß Vertragsstrafe an Abmahner zu zahlen.
Entscheidungsträger einer juristischen Person haften häufig
auch persönlich neben Gesellschaft auf Unterlassung (z.B.
Geschäftsführer einer GmbH)
29. Abmahnung im Wettbewerbsrecht
Gefahr durch unkritische Verwendung der vorformulierten
Unterlassungserklärung
Wichtig: Wortlaut und Inhalt der Unterlassungserklärung müssen
genauestens überprüft werden, da diese häufig
unverhältnismäßig weit formuliert sind oder eine zu hohe
Vertragsstrafe enthalten.
Dies ist besonders gefährlich, da später für jeden einzelnen
Verstoß die festgesetzte Vertragsstrafe fällig wird.
30. Abmahnung im Wettbewerbsrecht
Besondere Gefahren, z.B.:
- Untersagte Inhalte auf Server noch aufrufbar
- alten Werbematerialen
- alte Inhalte in Suchmaschinen-Cache, in Bildersuche
und auf Preisvergleichsseiten
- Versehentlich Verwendung alter Daten / Datenbestände
31. Abmahnung im Wettbewerbsrecht
Daher auch immer überlegen:
Keine Unterlassungserklärung abgeben und lieber eine gerichtliche
Entscheidung kassieren.
Vorteile dieser Vorgehensweise u.a.:
- nicht alle Abmahner leiten gerichtliche Schritte ein
- bei einem Verstoß gegen Unterlassungstitel würde Ordnungsgeld in
die Staatskasse fließen und nicht dem Abmahner zustehen
Nachteile dieser Vorgehensweise u.a.:
- starke Einschränkung der Unterlassungsverpflichtung nicht immer
möglich
- höhere Kosten, aber meist überschaubar
33. Gesetzgeber plant Maßnahmen gegen
Abmahnungsmissbrauch
Referentenentwurf:
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs
https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/
Dokumente/RefE_fairerWettbewerb.html
34. Wesentliche Aspekte der Neureglung im
Wettbewerbsrecht:
- Abmahnvereine müssen in Liste der qualifizierten
Wirtschaftsverbände eingetragen sein und mindestens 50
Mitgliedsunternehmen aus gleicher Branche des
Abgemahnten haben. Keine unangemessen hohe
Vergütung der für den Verein tätigen Personen.
- Keine Erstattung von Abmahnkosten bei Verstößen, die
„ihrer Art, ihrer Schwere, ihres Ausmaßes und ihrer
Folgen die Interessen von Verbrauchern, sonstigen
Marktteilnehmern und Mitbewerbern in nur unerheblichem
Maße beeinträchtigt“
35. Wesentliche Aspekte der Neureglung im
Wettbewerbsrecht:
- Formelle Anforderungen an Abmahnung ähnlich wie im
Urheberrecht. Anspruch auf Erstattung der Kosten der
Rechtsverteidigung bei Nichteinhaltung.
- Kodifizierung des Indizienkatalogs zum Rechtsmissbrauchs
- Abschaffung des fliegenden Gerichtsstands
37. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
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